Nordkurier

Dieses Artikel von Ingmar Nehls zur Schamper Mühle wurde am 29.05.2021 im Nord Kurier veröffentlicht:

Lovestory rettet die alte Schamper Mühle

Gotthun. 

Die ersten Gäste sind schon eingezogen. Noch während der Umbauarbeiten haben es sich zwei Turmfalken in der Schamper Mühle gemütlich gemacht. Obwohl die alte Mühle etwas abgelegen auf dem Feld thront, ist dort tierisch was los. Denn auch Füchse, Rehe und Kraniche lassen sich gern blicken, erzählt Robin Foster. Der Architekt aus Berlin kaufte im Frühjahr 2020 die 13,5 Meter hohe Erdholländermühle und hat die beiden vorhandenen Ferienwohnungen und den Außenbereich unter Berücksichtigung des historischen Erbes saniert und umgebaut. 

Robin Foster ist auf der britischen Kanalinsel Guernsey aufgewachsen, lebt aber schon viele Jahre in Berlin mit seiner Frau Antje Jacobs, eine waschechte Berlinerin, die von Kindesbeinen an mit den Schönheiten der Mecklenburgischen Seenplatte vertraut ist. Zusammen sind sie regelmäßig an die Müritz gereist und bei einem ihrer Aufenthalte haben sie die Mühle für sich entdeckt. „Wir waren auf der Suche nach einer Ferienimmobilie und hatten uns andere Objekte angeschaut. Ich kannte die Mühle vom Vorbeifahren und plötzlich habe ich sie auf einem Immobilienportal gesehen und wusste, dass sie perfekt ist, etwas Außergewöhnliches und Romantisches“, schwärmt der Architekt.

Bis 1964 Mühlenbetrieb, dann der Verfall.

Das achteckige Gebäude stammt aus dem Jahr 1840 und wurde bis 1964 als Mühle betrieben. Als sich die Räder nicht mehr drehten, wurden die Flügel abgenommen und das Gebäude musste einen jahrzehntelangen Verfall ertragen, bevor die Schamper Mühle 2003 nach Privatkauf grundsaniert und zu zwei Ferienwohnungen umgebaut wurde. Doch dieses Glück hielt nicht lange und so stand die Mühle wieder leer und wechselte die Besitzer.

„Weil es nicht genutzt wurde, verschlechterte sich der Zustand“, sagt Robin Foster, der nicht nur dafür sorgte, dass die Mühle mit Gas und Internet versorgt wird, sondern auch das Innenleben komplett verändert hat. Die beiden Ferienwohnungen sind spiegelverkehrt gleich und erstrecken sich jeweils über die drei Stockwerke des Mühlengebäudes. Beim Ausbau legte Robin Foster großen Wert darauf, dass die verwendeten Materialien und das Design mit der historischen Bausubstanz harmonieren. Dabei setzte er bei der Auswahl von Lichtschaltern oder Türgriffen auf eine zeitlose Optik sowie auf warme, natürliche Materialien wie Holz und Keramik.

Eichen-Allee wurde neu gepflanzt.

„Mir war es auch wichtig, die markante Mühlenarchitektur zu betonen und neu zu beleben. Zentrale Bestandteile des Gebäudes wie die alten Stützbalken aus Holz wurden deutlicher herausgearbeitet“, sagt Foster. Aus den alten Mühlsteinen wurden Tische für die beiden Terrassen angefertigt. Eine neu gepflanzte Eichen-Allee weist Feriengästen in der Einfahrt den Weg zur Mühle.
Für Verwunderung bei den Bauarbeitern, die von Betrieben aus der Region kamen, sorgte Foster, wenn er für Absprachen mit dem Fahrrad von Berlin anreiste. „Da haben die schon komisch geguckt“, sagt der 57-jährige Berliner, der natürlich auch auf Gäste aus den Metropolen Berlin und Hamburg setzt, die sich eine Auszeit nehmen und die Stille genießen wollen. 

Das klappt natürlich nur, wenn die Geister mitspielen, die um die Schamper Mühle ihr Unwesen treiben. Denn wie Robin Foster in den Geschichtsbüchern gelesen hat, wurden zur Zeit der Napoleonischen Kriege im Müllerhaus der Schamper Mühle zahlreiche französische Soldaten, die hier Unterschlupf gesucht hatten, von Bürgern aus Röbel ermordet. Seitdem sollen die Geister dieser Soldaten spuken und rund um die Schamper Mühle ihr Unwesen treiben. Foster ist tief eingetaucht in die Geschichte des mystischen Ortes. Die Ferienwohnungen Einkorn und Kamut haben Namen mit Bezug zur Mühle. Einkorn zählt zu den weltweit ältesten angebauten Getreidesorten. Der „kleine Dinkel“ wurde bereits vor 9700 Jahren in Vorderasien geerntet. Kamut, auch Khorasanweizen genannt, ist eine alte Getreidesorte, die bereits vor 6000 Jahren angebaut wurde. Übersetzt bedeutet Kamut „Die Seele der Erde“. Beide Wohnungen sind zudem mit goldenen Hähnen dekoriert. Ein Verweis auf eine Legende, die besagt, dass auf der Gotthuner Feldmark bei der Schamper Mühle einst ein goldener Hahn gefunden wurde. Die Anwohner beteten diesen als Gott an und das „Gotthuhn“ gab dem Ort angeblich seinen Namen.

Verpflegung in Kooperation mit den Nachbarn.

Die Geschichte der Schamper Mühle geht bis ins Jahr 1342 zurück. Der Name bezieht sich auf eine ehemals hier gelegene Siedlung namens Schampe. Das Kloster Dobbertin erwarb die Mühle und ließ im Jahr 1416 auf dem
„Gotthuner Felde“ eine Wassermühle errichten. Nach Zerstörung und Wiederaufbau standen Mitte des
19. Jahrhunderts auf der Gotthuner Feldmark sogar zwei Mühlen. Eine wurde als Wassermühle und die andere als Windmühle betrieben. Die Wassermühle wurde 1810 stillgelegt und das Wasser des Mühlenstaus abgelassen. Grund dafür war, dass die Elde durch den Bau weiterer Mühlen stärker gestaut wurde und der Wasserspiegel der Müritz angestiegen war. Dadurch verlor der Mühlenstau der Schamper Mühle an Gefälle und damit an nutzbarer Wasserkraft.

Wer wie Robin Foster mit dem Fahrrad und kleinem Gepäck anreisen will, kann sich vorher schon den Kühlschrank mit regionalen Produkten füllen lassen. Denn der Hof der Familie Schneider, der in der Nähe der Mühle liegt, bietet frisches Gemüse und Fleisch an. Auf dem Hof leben Hühner, Hähnchen, Gänse, Rinder, Wachteln und Kaschmirziegen. Drei verschiedene Essenskörbe kann man sich bestellen und an die Ferienwohnung liefern lassen. „So eine Zusammenarbeit ist toll und auch zeitgemäß“, sagt Robin Foster.

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